Das Wrestling-Business und die Frauen (und die Probleme)

Ich bin ein großer Wrestlingfan. Das ist sicher. Für mich gibt es in Richtung Unterhaltung nichts besseres! Ich meine damit nicht das Ringen, sondern das Pro-Wrestling, welches von Organisationen wie der WWE betrieben wird. Diese Matches sind vorher unter den Kämpfern und hinter den Kulissen genauestens abgesprochen. Jeder Move ist besprochen, der Ausgang ist sicher. Manch einer mag jetzt behaupten, dass dies nicht echt sei aber das ist ein Trugschluss, denn die Schmerzen und die Attacken bleiben die gleichen. Diese Männer schonen sich nicht und setzen, wie in jedem anderen Kampfsport auch, ihre Gesundheit auf’s Spiel.

Der Reiz am Wrestling besteht aber darin, dass man eigentlich sicher sein kann, eine gute Show geliefert zu bekommen. Erinnert sich noch jemand an den wenige Sekunden dauernden Klitschko-Kampf? Die Zuschauer waren stinksauer, weil sie gutes Geld für die Show ausgegeben haben und Action sehen wollten. In der WWE passiert sowas nicht. Hier wird für eine zwei bis vier Stunden Show bezahlt und die bekommt man auch. Und wenn die Leute hinter den Kulissen nicht gepennt haben und die Kämpfer auch das nötige Talent mitbringen, gibt es sehr spannende Matches zu bewundern. Das es abgesprochen ist, ist doch völlig unwichtig. Ich sehe das einfach als einen Film oder eine Serie an. Nur weil das abgesprochen ist, findet man es auch nicht weniger unterhaltsam.

Jedenfalls gibt es in dieser eigentlich von Männern dominierten Sportart auch vereinzelte weibliche Kämpfer. Diese haben dann natürlich ihren eigenen Kader und einen eigenene Titel. Was in den letzten Jahren alerdings mit den weiblichen Wrestlern passiert, ist eine Schande.

Wir erinnern uns mal ein paar Jahre zurück. Noch um 2005 herum haben wir tolle Frauenmatches in der WWE bestaunen dürfen. Athletische Wrestlerinnen gaben sich nichts, kämpften in wichtigen und langen Matches mit gut erzählter Hintergrundstory um den Titel. Das war tolles Entertainment und unterschied sich nicht von den Kämpfen ihrer mänlichen Kollegen. Es gab große Publikumsreaktionen und jeder fieberte mit. Dann aber gab es irgendwann einen Bruch. Für mich ist es sehr schwer zu sagen, woran es lag aber plötzlich passierte es: Das Wrestlingbusiness verlor das Interesse an den Frauen.

In einem langsamen Zerfall konnte man zusehen, wie die Matches der Frauen immer uninspirierter, immer vorhersehbarer, immer langweiliger und zuletzt immer kürzer wurden. Die Frauen bekamen immer weniger Sendezeit und sind inzwischen nicht einmal garantiert wöchentlich zu sehen (also einmal pro Show). Die echten Wrestlerinnen, diejenigen, die viele Jahre Kampfsport trainiert haben (u.a. Tae-Kwon-Do & Jiu Jitsu, von dem was ich gehört habe), wurden bald durch Models ersetzt, die kurz einen Crashkurs bekamen und dann ein wenig durch den Ring hüpften. Bitte versteht mich nicht falsch – manch eine hat es schon zu etwas gebracht und auch die „echten“ Kämpferinnen sind weit weg von hässlich oder übertrainiert, aber die meisten blieben stets das was sie waren und das ist kein Wrestler. Das Publikum merkt das und heute gibt es kaum noch Reaktionen. Es herrscht Desinteresse.

Ich weiß nicht, ob das Management den männlichen Zuschauern damit einen Gefallen tun wollte. Mir haben sie damit jedenfalls keinen getan, denn heute ist ein Frauenmatch leider gleichzusetzen mit einer Werbepause, die schneller vorbei ist, als ich vom Klo zurückkommen kann. Das ist doppelt schade, weil es auch heute noch Wrestlerinnen gibt, die ihr Leben lang davon träumten, das zu sein, was sie heute sind und dennoch nicht die Chancen bekommen, die sie verdienen. In erster Linie blicke ich hiermit auf AJ Lee. Sie ist eine Frau, die als kleines Mädchen Schlange stand, um sich von Größen wie Lita ein Autogramm geben zu lassen, weil sie später so sein wollte wie sie. Ihr Wunsch auf wahre Größe als Wrestler wurde ihr bisher verwehrt und sie fand ihre Rolle bis jetzt nur in Manager-Rollen oder als Vorgesetzter (natürlich alles im Rahmen ihrer Rolle). Und das, obwohl wir schon mehr als einmal ihre quirlige Art im Kampf bewundern durften, wie sie mit ihren 49 Kg, verteilt auf 1,60 m, wie ein Flummi herumhüpft. Abgesehen davon spielt sie auch ihre jetzige Rolle im Hintergrund absolut herausragend gut.

Leider Gottes gibt es heute kaum noch Frauen wie sie und die meisten aktiven Wrestlerinnen sind tatsächlich ursprünglich irgendwelche Fitness-Models. Der eigentlich jährliche „Diva-Search“, in dem aus mehreren Bewerberinnen über ein paar Wochen hinweg eine neue Wrestlerin in die WWE aufgenommen wurde, entfällt ersatzlos. Im Zuge dieser Ereignisse und des scheinbar respektlosen Verhaltens der WWE gegenüber den weiblichen Stars wurden es immer weniger Frauen im Business. Zumindest im Business der WWE, denn einige (darunter Mickie James & Christie Hemme) flüchteten zum Konkurrenz-Format TNA. Was ich dort aber miterleben musste, waren scheinbar gut aufgebaute Storys, die sogar in einem Käfigmatch um den Titel mündeten, welches dann aber nach wenigen Sekunden (!) vorbei war. Was für eine Verschwendung! Verschwendung von Talent, Zeit und Geld.

Wer sich umhört, wird schnell mitbekommen, dass ich mit meiner Meinung nicht aleine bin. Auf Bleacher Report gab es sogar einmal eine Abstimmung, was getan werden soll, um die Frauen wieder mehr in den Vordergrund zu holen. Viele User waren sich damals sogar einig, es sollte eine wöchentliche Show ausschließlich für die weiblichen Wrestler geben, um ihre Geschichten auch mit Interviews aufzubauen (wovon es heute fast gar keine mehr gibt) und ihnen mehr Zeit im Fernsehen zu geben, um etwas aus sich zu machen. Um das möglich zu machen, wäre es unabdingbar, neue Frauen einzustellen oder bekannte Gesichter zurückzuholen. Am wichtigsten wären mir persönlich folgende Namen:

Beth Pheonix
Kharma
Maria
Christie Hemme
Melina
Eve Torres
Maryse
Victoria
Lita
Trish Stratus
Mickie James

Ich weiß, nicht alle Wünsche sind realistisch, doch mit diesen Frauen könnte die WWE neu durchstarten und es sollte alles daran gesetzt werden, sie zurückzubekommen. Einige der genannten Frauen sind auch schon etwas älter als der Durchschnittswrestler und werden sowieso nicht mehr zum Vollzeit-Wrestling zurückkehren. Sie könnten aber trotzdem maßgeblich dazu beitragen, die Diven zu pushen (also sie bekannter und interessanter zu machen), um ein paar Wochen später wieder von der Bildfläche zu verschwinden. Wäre absolut nichts gegen einzuwenden. Erst vor wenigen Wochen sind die Bella Zwillinge wieder zurückgekommen. Das wäre eigentlich eine willkommene Gelegenheit, endlich Kharma wieder ins Boot zu holen und die unvollendete Story abzuschließen. Vielleicht erleben wir ja noch ein Wunder.

Bevor sich also nicht drastisch etwas ändert und die WWE wie wild neue oder alte Wrestlerinnen einstellt, sehe ich schwarz für die Diven…

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