Der Unterschied zwischen Frustration und hohem Schwierigkeitsgrad

Wir alle kennen die Games, die auf den Markt geworfen werden und von denen vor dem Release von einem hohen Schwierigkeitsgrad gesprochen wurde. Ob es nun stimmt oder nicht – nehmen wir mal an, diese Welle begann mit dem ersten Teil von Dark Souls.

Hier wurde der Spieler in eine Welt geschmissen, die ihn schlicht und ergreifend tot sehen wollte. Die Gegner waren also alle sehr stark und es gab wenig Vorräte oder Möglichkeiten, sich selbst zu heilen etc. Von einigen Spielern wurde dieses Spiel sehr wohlwollend aufgenommen. Es gibt ja auch Leute, die generell Spiele immer auf einem hohen Schwierigkeitsgrad spielen. Diese Spieler wollen eben eine Herausforderung. Sie suchen etwas anderes in einem Spiel als jemand, der auf „leicht“ spielt und lieber die Story genießt oder das generelle Abschalten vor dem PC.

Neben den Spielern, die das Spiel gut fanden, gab es also natürlich auch solche, denen es nicht gefiel. Warum, liegt eigentlich auf der Hand: wegen dem hohen Schwierigkeitsgrad, der das Spiel ausmachte. Und wenn man den Kern des Spiels nicht mag, braucht man gar nicht weiter darüber nachzudenken. Und dennoch ist es nicht so einfach, aus einem Missfallen von Dark Souls sofort darauf zu schließen, derjenige möge keine hohen Schwierigkeitsgrade. Vielleicht tut er es schon, dafür aber auf eine andere Art und Weise.

Sehen wir uns mal kurz an, was Spiele wie Dark Souls oder auch das neuere Lords of the Fallen ausmachen. Ebenso ein schönes Beispiel wäre Bound by Flame. Diese Spiele stellen den Spieler oft vor die selben Herausforderungen, nämlich der, mit einem Gegner klar zu kommen, der gut doppelt bis dreimal so viel Lebensenergie hat wie in anderen Spielen und auch noch mindestens doppelt so hart zulangt. Dazu nehmen wir noch ein paar Angriffsmanöver, die den Spieler sofort töten können, eine teils unfaire Steuerung und die Tatsache, das bereits im Vorfeld des Kampfes getroffene Entscheidungen hinsichtlich der Ausrüstung nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Wenn wir all das bedenken, stellen wir uns auf einen langen und frustrierenden Kampf ein.

In Lords of the Fallen gibt es viele Bosse. Diese Bosse haben so lächerlich viel Energie, dass man sich schon nach sehr kurzer Zeit fragt, ob man das überhaupt richtig macht. Bis man dann mal online nacvhguckt und ein 20-30 minütiges Video des Kampfes findet, in dessen Verlauf der Spieler den Boss die ganze Zeit umkreist und alle Jubeljahre mal zuschlägt. Davon wird mir schwindlig und aufregend ist das auch nicht. Es ist nur frustrierend, wenn man nach dem Wegschlagen von 75% der Energie des Gegners durch einen Streifschuss getroffen wird, ins Wanken gerät, gleichzeitig Ausdauer verliert und dann niedergewalzt wird. Da sitze ich als Spieler da und ärgere mich tierisch. Nicht über mich selbst, sondern über das Spiel, weil mir ein einzelner Fehler ruhig mal verziehen werden sollte. Ich bin nun mal kein perfekter Roboter aber das Spiel verlangt es von mir!

Bound by Flame hingegen erfordert nicht das Umkreisen der Gegner, sondern vielmehr ein ständiges Blocken. Wir blocken jetzt einfach mal für eine Minute, bis der Gegner mit seiner Angriffsserie fertig ist. Dann haben wir zweieinhalb Sekunden Zeit, um mit einem Schlag 0,7% der Energie abzuziehen. Macht das Spaß? Nein, nicht wirklich. Auch hier kann sich schnell Frust breit machen, wenn man ins Schwitzen kommt und sich gleich tierisch aufregen muss, obwohl der reine Skill, der dafür benötigt wird, minimal ist. Es geht nicht darum, gut zu spielen, sondern darum, Ausdauer zu zeigen. Ein kürzerer Kampf kann genauso schwer sein, dafür aber weniger frustrierend, weil man nicht ewig lang die gleiche Aktion durchführen muss, sondern vielleicht sowas wie Abwechslung spendiert bekommt.

Jetzt sehen wir uns aber mal Spiele an, die so gar nicht in dieses Setting passen. Ich rede von Spielen, die schwer und trotzdem nicht so frustrierend sind. Von Spielen, die den richtigen Skill fordern, anstatt einfach nur zu verlangen, dass man stur wie ein Roboter 20 Minuten lang die immer gleiche Aktion ausführt. Ich rede z.B. von Super Meat Boy.

Dieses Spiel wirft den Spieler in eine gnadenlos schwere Jump’n’Run Welt, in der jeder erlittene Schaden den Tod bedeutet. Jeder kleine Ruckler oder Schwenker im Sprung kann das Ende bedeuten. Doch auch wenn das passiert, wird man innerhalb von Sekundenbruchteilen (man könnte auch sagen „augenblicklich“) zurück an den Start des Levels geschickt, wo man, immer noch im Flow des vorherigen Versuches, sofort wieder losrennt. Man muss präzise, schnell und überlegt handeln, um ans Ende zu gelangen. Und dabei muss man nicht immer wieder die gleiche Aktion durchführen. Sicher, die bereits überwundenen Hindernisse stellen sich erneut in den Weg, doch mit dem bereits erlernten Durchgang der vorherigen Versuche ist man hier schneller dabei. Der Spieler kann den Flow selbst in die Hand nehmen und muss nicht auf eine bestimmte Reaktion oder Situation warten.

Noch ein zusätzlicher, ganz wichtiger Punkt, warum Super Meat Boy motivierend und nicht frustrierend ist (trotz seines hohen und unverzeihlichen Schwierigkeitsgrades), ist die Tatsache, dass alle Level sehr kurz sind. Viele Level kann man innerhalb von 10-20 Sekunden schaffen. Manche schneller. Ein langes Level erfordert eine Minute höchste Konzentration. Und nicht 20 Miunten ausweichen.

Vor wenigen Stunden habe ich auf Steam spontan Ink gekauft. Dieses Spiel ist ähnlich aufgebaut wie Super Meat Boy. Kurze, knackig-schwere Level, schnelle Bewegungsabläufe, minimalistisches Design. Das Spiel ist 13 MB groß. Und dennoch bin ich in einem Zug durch die ersten 50 Level gerast, als gäbe es kein Morgen mehr. Jeder versaute Sprung, jede zu späte Reaktion habe ich selber zu verschulden. Das treibt an, besser zu werden. Die kleine Levelgröße tut ihr übriges, um die Tatsache zu vergessen, dass man es schon so oft versucht hat. Wenn ich jedoch in einem der Hardcore-Rollenspiele schon zum 15. Mal die gleiche Animation sehen und dem gleichen Steinhagel ausweichen muss und weiß, dass danach ein bestimmter Schlag kommt und ich dem nur mit einer Rolle ausweiche, ich aber wieder springe und die letzten 15 Minuten völlig umsonst waren, dann ist das kein Spielspaß. Sicher mag ich daraus etwas gelernt haben. Dann aber nur, dass ich nach wie vor kein Roboter bin.

Also bitte: Nicht Frustration als gute Spielmechanik abstempeln. Es darf schwer sein. Aber dann muss es auf eine bestimmte Art und Weise gemacht werden, um stets zu motivieren. Denn wer praktisch am Ende des Spiels von einem Wolf getötet werden kann, nur weil er nicht aufgepasst hat, der muss sich wundern, wofür die 20 Stunden skillen zuvor überhaupt gut waren. So von wegen man wird mächtiger und so. Wenn man davon nichts merkt, kann man sich das gleich sparen. Denn dann muss ich auch vor der Katze der Nachbarin Angst haben…

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[…] ich weiß, ich habe schon einmal darüber gemeckert aber da habe ich einen anderen Aspekt gemeint. Was mich heute stört, ist […]