Ich mag die Band Disturbed. Daran gibt es nichts zu rütteln. Vor ein paar Wochen habe ich mir ein paar Lieder gekauft, die ich gerne höre und sie zu einem Album zusammengeschmissen. Ich habe es ein paar Mal gehört und dann gemerkt, dass sie zwar gut sind aber für mich aktuell nichts an Disturbed rankommt. Ich kann behaupten, dass ich andere Bands ebenso gerne höre aber das ist eine Lüge. Wenn mir ein Lied durch den Kopf geht, dann eines von Disturbed.
Mit diesem kurzen Fanboy-Absatz habt ihr verstanden, wie wichtig mir erstens Musik und zweitens Disturbed ist. Nun hat Disturbed vor einigen Monaten ein neues Album auf den Markt gebracht: Immortalized. (Die verlinkte Version ist leider die Standard-Version. Die drei Bonus-Tracks auf der Limited Edition sind auch großartig!) Jedenfalls haben sie auf ihrem YouTube-Kanal nach ihrem ersten Musikvideo zu „The Vengeful One“ immer wieder „Lyric-Videos“ veröffentlicht. Keine richtigen Musikvideos, sondern vielmehr (wenn auch aufwendig animierte) Videos mit dem Songtext. Auch schön anzusehen und natürlich super, um sich ein Bild von dem Album zu machen. Alle Lieder waren schön rockig und haben Spaß gemacht – der Fan bekam, was er von dieser Band erwartete. Dann veröffentlichten sie das Lied „Fire It Up“.
Es beginnt damit, wie man über fast eine Minute lang hört, wie jemand eine Bong raucht und sich beim Einsetzen des Beats nach ca. 30 Sekunden mehrere Männer kaputtlachen und irgendeinen Blödsinn labern. Dann beginnt der eigentliche Gesang zu einem dreckigen Beat, in dem es darum geht, wie die Band immer wieder Probleme hat, den Beat zu finden, weil er in ihren Köpfen gefangen ist. Ihre Lösung: einen kiffen und schon fließt die Inspiration.
Obgleich der Sound des Liedes sehr gut ist (eines der besten Lieder des Albums) wurde es von Fans schlecht aufgenommen. Auf YouTube wurden veralberne Kommentare gepostet und die negativen Bewertungen nehmen immerhin ein Viertel der Stimmen ein. Das ist sehr viel im Vergleich zum winzigen Teil der anderen Lieder. Am Ende wurde sich also darüber aufgeregt, worüber die Band singt, anstatt sich über den tollen Sound zu freuen. Ich wollte einfach das Lied genießen, doch manche User antworteten mir doch tatsächlich, dass es ein großer Rückschritt sei, da die Lieder der Vergangenheit meist sehr ernste, sozial- und politkritische Texte enthielten. Ich war der Meinung, man hört eine toll klingende Band nicht nur wegen dem Text. (Anbei sei angemerkt, dass ihre Texte tatsächlich sehr gut sind.)
Jedenfalls wurde für mich hier an der falschen Stelle gemeckert. Ich finde das Lied toll! Eine Sache dabei hat mich aber extrem gestört. Ein Fan von Disturbed, der weiß, dass ihre Texte meist sehr ernst, erwachsen und gut geschrieben sind, der weiß wahrscheinlich auch von ihren Interviews, in denen sie mehrfach sagten, dass viele ihrer Lieder entstehen, wärend sie high sind. Das muss ich nicht gut finden aber ich kann es als Fan nicht verleumden, dass das nunmal eine Tatsache ist. Wenn ich mich so sehr über ein Lied aufregen kann, in dem sie nur die Wahrheit sagen und einige ihrer Interviews in Liedform übertragen, dann sollte ich mich generell von dieser Band fernhalten, da ich ihre Ansichten nicht teile.
Dazu möchte ich noch anmerken, dass ich selber nichts mit Drogen zu tun habe. Ich muss auch nicht gutheißen, was Disturbed hinter verschlossenen Türen tut. Aber ganz ehrlich: eine Gruppe erwachsener Männer, die in ihrem privaten Kämmerchen einen durchzieht und sich dann so verhält, wie man es im Lied hört, also lachend und Quatsch labernd, sind mir tausendmal lieber als Menschen, die Alkohol trinken und dann aggressiv werden. Eines ist legal, das andere illegal. Trotzdem finde ich das legale Verhalten hier deutlich schlimmer. Soll Disturbed doch kiffen – geht mich nichts an! Wenn sie dadurch lustig werden und gute Lieder schreiben – bittesehr!
Was mich später aber etwas getroffen hat, war das Lied „Sound of Silence“. Nach alter Disturbed-Tradition ist auf dem Album wieder ein Cover drauf. Dieses mal von Simon & Garfunkel. Ich bin euch nicht böse, wenn ihr die nicht kennt. „Sound of Silence“ ist jedenfalls ein im Original schon langsames Lied. Was ich toll gefunden hätte, wäre, wenn sie es verrockt hätten – wie schon „Land of Confusion“ von Genesis und „Midlife Crisis“ von Faith No More. Aber was haben sie getan? Sie haben es noch langsamer gemacht! Und orchestral! Ohne Drums! Ohne Bass! Ohne E-Gitarre! Nichts an diesem Lied klingt nach Disturbed! Ich als Fan ihres eigentlichen Sounds hasse dieses Lied und ich habe es von meiner Playlist gelöscht, weil ich es nicht ertrage! Was passiert auf YouTube? Die Leute finden es gut! Ich kann doch nicht den Sound von Disturbed mögen und mir dann vor Freude in die Hosen kacken, wenn sie den genau entgegengesetzten Weg einschlagen und ein Lied machen, das so konträr klingt, dass man sie nicht wiedererkennt.
Ich versteh die Welt nicht mehr, wenn ein Lied, das den typischen Sound hat, wegen dem Liedtext gedisst wird aber ein anderes Lied, welches überhaupt nicht wie Disturbed klingt, gehyped wird. Ich erwarte von Disturbed dreckigen, röhrenden, knallharten, Tür-eintretenden Sound! Und kein weichgespülter Käse, bei dem ich einschlafe!