Aufnehmen vs. nicht aufnehmen

Wer als Hobby damit anfängt, Gaming-Videos für YouTube zu erstellen oder auf Twitch zu streamen, der wird sich früher oder später folgende Frage selber stellen oder von anderen gestellt bekommen: Spielst du überhaupt noch für dich selbst? Das ist erstaunlicherweise keine so leicht zu beantwortende Frage, denn manch einer versteht darunter etwas anderes, als der nächste. So wie ich das sehe, gibt es zwei Varianten.

Zunächst ist es wichtig, zu erkennen, dass der gemeine Gaming-YouTuber irgendwann in seiner Gamer-Vergangenheit an einem Punkt angelangt ist, an dem ihm das pure Spielen nicht mehr genug war. Wir müssen auch erkennen, dass Gaming und Videos machen bzw. streamen zwei verschiedene Hobbys sind. Und wir müssen erkennen, dass beide viel Zeit in Anspruch nehmen. Zudem steigt mit zunehmender Zuschauerzahl auch das Pflichtgefühl, regelmäßig Inhalte zu liefern. So gesehen ist das Spielen für sich „zwanglos“. Hier wird nichts vom Spieler erwartet. Die Erwartungen der Zuschauer können aber hoch genug sein, dass sich der Creator zu etwas drängen lässt, um andere Leute zufrieden zu stellen. Das ist ein wichtiger Punkt des Hobbys: andere nicht nur unterhalten, sondern auch glücklich machen zu wollen. Der Kunde ist König. Aber zurück zum Thema. Es gibt zwei Varianten.

Weitere Gedanken dazu
Manchmal ist es gut, ein Pflichtgefühl zu haben und indirekt dazu gedrängt zu werden, ein Spiel komplett zu beenden. Ich habe schon oft ein Projekt nur deshalb zu einem richtigen Ende gebracht, weil andere Leute zugeguckt haben. Manche Spiele fesseln mich nicht stark genug und wenn ich sie nicht kenne, merke ich das meist erst zu spät. Nur wenn es kein Totalreinfall ist, bleibe ich wegen den Zuschauern dran.

Das gilt übrigens auch für Spiele, die zwar gut aber nicht herausragend sind. Oder für solche, die ich bereits gut kenne. Wie oft habe ich schon versucht, ein paar meiner alten Favoriten wieder neu anzufangen und bin nie sonderlich weit gekommen, weil irgendeine Neuerscheinung dann plötzlich interessanter war.

In diesem Punkt ist es Gold wert, aus dem Spiel eine richtige Serie gemacht zu haben, weil das Pflichtgefühl immer wieder zurück zu diesem Projekt führt. Kein anderes Spiel spiele ich so regelmäßig wie meine aktuellen Projekte. Das kann auch etwas gutes sein.

1) Der Creator stellt seine Videos vor alles andere. Ihm sind seine Videos, seine Streams und die Zufriedenheit der Zuschauer am wichtigsten. Er bereitet seine Videos vor, betreibt Nachforschung und probiert gewisse Dinge vorher aus. Diese Aktionen zählt diese Spezies als Spielzeit, denn sie wird im Spiel verbracht. Hier können schnell Stunden draufgehen, in denen fieberhaft ingame nach einer Lösung gesucht wird.

2) Der Creator differenziert Gaming und Produktion voneinander, ohne sich selbst zu beschummeln. Er zählt echte Spielzeit nur dann, wenn er etwas spielt, ohne jeden Hintergedanken zu haben. Wenn er damit abschalten kann, kein Spiel für neue Videos sucht und auch nicht vorzeitig abbricht, um für Videos echte Reaktionen zeigen zu können.

Das scheint eine sehr einfache Definition zu sein. Entweder man lügt sich selber in die Tasche oder halt nicht. Das Problem dabei zeigt aber der oben beschriebene Punkt: Mit wachsender Bekanntheit steigt das Pflichtgefühl und der ständige Gedanke, den eigenen Zuschauern guten Inhalt vorzuenthalten, wird immer mächtiger. Da kann sich sogar ein schlechtes Gewissen breit machen, weil man selber Spaß hat, ohne es mit jemandem zu teilen, der nur darauf wartet.

Dieser Punkt ist unter anderem ein Grund, warum manche Creator psychische Probleme bekommen. Gerade wenn es der eigene Beruf geworden ist, fällt es extrem schwer, komplett abzuschalten. Die Spiele sind immer gegenwärtig. Eine Möglichkeit wäre, das Spielen komplett aufzugeben und es nur noch als Geschäft anzusehen und in der Freizeit etwas anderes zu tun. Die Frage ist aber, ob es dann immer noch so viel Spaß machen würde. Niemand will eine Rolle spielen und angebliche Freude verbreiten, wo eigentlich gar keine ist. Aus diesem Grund habe ich Ende letzten Jahres für einige Wochen eine Pause eingelegt.

Man muss einfach sagen: Es ist sehr schwer, ein Gleichgewicht zu finden. Ich habe aktuell wieder extrem viel Spaß mit Skyrim. Und ich teile dieses Erlebnis nicht.

In den letzten Jahren habe ich Skyrim oft als Projekt auf YouTube angefangen, in verschiedenen Versionen, und Teile davon auch gestreamt. Fakt ist, dass es nicht so viele Leute interessiert hat und das, was ich am liebsten mache, nämlich erklären, war hier nicht in so extremem Ausmaß wie z.B. in gemoddetem Minecraft möglich. Jetzt renne ich durch Himmelsrand und nehme mir für jede Tätigkeit so viel Zeit, wie ich das gerne tun würde und es macht viel mehr Spaß als ich gedacht hätte. Nicht unterhaltsam sein zu müssen, ist eine sehr gelungene Abwechslung. Eine Abwechslung, die ich mir selber vor allem dann gestatten muss, wenn ich privat mit Freunden spiele.

Eigentlich wollte ich nur sagen, dass es auch als YouTuber und Streamer verdammt viel Spaß machen kann, sich einem Spiel komplett hinzugeben, komplett ohne irgendwelche Hintergedanken. Hin und wieder muss man auch mal ganz egoistisch an sich selbst denken. Und jetzt muss ich los. Die Leute von Himmelsrand warten darauf, dass ich ihnen den Arsch rette………..

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