Auf der Suche nach Nahrung

Man hat es nicht leicht. Auf Montage muss man mit vielen Widrigkeiten kämpfen. Dazu gehört nicht zuletzt die Nahrungsbeschaffung in der Mittagspause. Diese findet nämlich meist zwischen zwei Baustellen statt. Irgendwo im Auto. Auf einem einsamen Parkplatz.

Da der ganze Tag angefüllt von Arbeit ist, muss sich in der Pause selbst mit der Beschaffung geeigneter Verpflegung beschäftigt werden. Um zu vereinfachen, was ich meine: man muss einkaufen. Oder essen gehen. Aber mal so eben ne Stulle aus dem Rucksack zaubern ist nicht so einfach.

Wie auch immer – es war eine normale Mittagspause auf der Baustelle, vor einigen Wochen. Da wir immer viel unterwegs sind, lernt man die Umgebung mit der Zeit ein bisschen kennen. Nicht so, dass man sich auskennt und ohne Navi zurechtfindet, sondern eher so, dass man auf dem Fahrtweg irgendetwas aufgeschnappt hat, was man später versucht wiederzufinden. Dank modernster Technik gelingt das meistens.

Jedenfalls war es Mittag und wir hatten Hunger. Da fiel uns ein, dass wir schon mehrere Male an einem Ikea-Schild vorbeigefahren sind. Wunderbar! Köttbullar! Laut einem Kollegen gab es da außerdem Getränke per Flatrate. Bei den damals noch täglichen Temperaturen von knappen 40° (nicht übertrieben!) kam uns das sehr gelegen. Also auf – wir fahren zu Ikea!

Es ergab sich zunächst das Problem, dass wir schon viele Schilder aber noch nie einen Eingang oder eine Einfahrt gesehen hatten. Naja, was soll’s – ist halt Pott. Da kann man nicht erwarten, dass immer alles eindeutig ist. Manchmal wartet die große Offenbarung hinter dem nächsten Brombeerbusch.

Also fuhren wir los, immer den Schildern nach. Zu diesem Zeitpunkt hätten wir stutzig werden müssen, denn die gefundenen Einfahrten wurden als „Gate“ bezeichnet. Seltsam aber hey – andere Länder, andere Unsitten. Nach ein paar vorübergezogenen Gates fuhren wir schließlich durch eines von ihnen durch. Dort erblickte uns ein absolut gigantischer Parkplatz. Er war wirklich lächerlich voll und extrem gut besucht. Es war ohne Quatsch eine der größten geparkten Ansammlung an Autos, die ich je gesehen habe. Ist halt viel los. Wir rauf und eingeparkt.

Was mir beim Aussteigen ins Auge sprang, war der Umstand, dass alle Leute, die dort herumliefen, scheinbar einen Ausweis umgehängt hatten. Nach etwas näherer Inspektion sahen wir dann weitere verwunderliche Dinge, wie bewachte Schranken und absolut keinen Ort, an dem so etwas wie „Warenausgabe“ oder „Eingang“ stand.

Zu diesem Zeitpunkt beschloss ich, einfach mal Google zu fragen, was diese rätselhafte Abkürzung auf den ganzen Ikea-Schildern bedeutet, die ich schon die ganze Zeit bemerkt aber ignoriert hatte. Dort stand überall Ikea GVZ. Und das ist die Abkürzung für Güterverkehrszentrum. Wir waren in einem Lager! Hier hatten normale Kunden, wie wir es waren, nichts verloren und hier gab es auch bestimmt keine Köttbullar für uns. Wir befanden uns auf einem riesigen Mitarbeiterparkplatz!

Von den Umständen besiegt machten wir uns schleunigst wieder davon und verließen dieses Gelände. Da wir aber sowieso mit einem LKW unterwegs waren, sind wir nicht weiter aufgefallen. Jetzt im Nachhinein denke ich, wir hätten bestimmt unerkannt bis in die Kantine vordringen können und hätten dort essen können, ohne dass jemand nachfragt, wer wir eigentlich sind. Wir sahen nach Arbeit aus und hätten da bestimmt gut in die Masse gepasst.

Egal – wir waren immer noch hungrig, also suchte ein Kollege per Navi nach einem Supermarkt. An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass ich nie eine Ahnung habe, in welchem Supermarkt es was zu kaufen gibt. Ich kann mich nicht erinnern, in welchem Laden ich war oder wo welcher Laden ist oder welchen ich bevorzugen würde. Andere Menschen sind nicht so. Also suchten wir auf dem Navi aus mir unbekannten Gründen ganz spezifisch nach einem Norma. Das nächste war nicht sonderlich weit weg. Los geht die Fahrt!

Nachdem wir durch ein paar weitere Dörfer mit jeweils nur einer Straße durchgefahren waren, lachte mich plötzlich ein Schild an, kurz vor unserem eigentlichen Ziel. Dort stand: „Hier entsteht ein neues Norma für Sie!“ Um die Ecke sahen wir dann das Norma. Ohne zu übertreiben: Es war buchstäblich das Fundament vorhanden und es standen zwei Wände! In der Mitte der Baustelle ein riesiger Kran.

Liebes Google. Liebes Norma-Team. Wie kann es denn sein, dass ein Geschäft, das noch etliche Monate im Bau befindlich sein wird, bereits in Maps eingetragen ist und potenzielle Kunden verwirrt und verärgert? Der Laden war komplett eingezeichnet! Mit Öffnungszeiten! Und es standen erst zwei Wände!

An den Rest des Tages und der Mittagspause kann ich mich nicht erinnern. Keine Ahnung, wo wir dann etwas gegessen haben. Wahrscheinlich hab ich an diesem Tag ein Aneurysma bekommen, zusammen mit einem Filmriss vor lauter Ärger. Anders kann ich mir das nicht erklären.

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